Bei der vorliegenden kritischen Edition handelt es sich um die Musik zur Verskomödie "Soliman second, ou Les Trois Sultanes" von Charles-Simon Favart (1710–1792), die dem Wiener Publikum am 18. Mai 1765 im Laxenburger Schlosstheater dargeboten wurde, aufgeführt von der französischen Truppe des Burgtheaters. Seine erfolgreiche Premiere feierte das Favart'sche Schauspiel bereits am 9. April 1761 an der Pariser Comédie-Italienne. Es basierte auf einer ebenso humoristischen wie gesellschaftskritischen gleichnamigen Erzählung aus Jean-François Marmontels (1723–1799) Contes moraux; die Bühnenmusik lieferte Paul-César Gibert (1717–1787). Als beliebte Komödie, die insbesondere für ihr exotisches Kolorit bekannt war, fand Soliman second rasche Verbreitung auf vielen europäischen Bühnen. Durch die Vermittlung des Hoftheaterdirektors Graf Giacomo Durazzo gelangte das entsprechende Textbuch auch nach Wien. Wie gewohnt durchlief das Stück zunächst die dortige Zensur, wobei nur einige wenige Änderungen im Haupttext der Komödie vorgenommen wurden. Möglicherweise wurde Gluck als »Direttore della Musica« am Wiener Burgtheater und als versierter Autor französischer Opéras-comiques mit der Komposition der in der Komödie vorgesehenen Gesangsnummern – vier Solo-Airs und ein Duett – beauftragt. Diese Beschäftigung mit Schauspielmusik stellt nach heutigem Kenntnisstand einen Sonderfall in seinem künstlerischen Schaffen dar.
Die Musik zu Soliman second ist als Stimmensatz und Particell überliefert, die in zeitlicher Nähe zur Erstaufführung in Laxenburg im Auftrag des Fürsten Joseph Adam von Schwarzenberg (1722–1782) in der Wiener Kopistenwerkstatt Bonifacius Carl Champée angefertigt wurden und heute im Staatlichen Regionalarchiv, Český Krumlov aufbewahrt werden. Beispielhafte Auszüge aus den Quellen sowie das Textbuch zur Erstaufführung sind im vorgelegten Band faksimiliert. Neben einer detaillierten Einleitung zur Werkgeschichte enthält der Band den Kritischen Bericht, worin die Quellenlage, Bemerkungen zur Editionstechnik und zur Aufführungspraxis eingehend kommentiert werden. In der jetzt erschienenen Neuausgabe liegt Glucks Musik zur Favart'schen Komödie erstmals im Druck